Presse Archiv
Vermittlung von Stereotypen und Vorurteilen in universitären Bereich
Kritisches Hinterfragen wird an der HU jetzt polizeilich unterbunden
Die Kritik einer Gruppe Student_innen an Inhalten der Vorlesung bezog sich darauf, dass in der Vorlesung rassistische und anderweitig diskriminierende Teile aus Texten unkritisch gelehrt und sogar verteidigt wurden. Kolonialrassistische Begriffe aus Texten wurden wiederholt und dabei zwar als abwertend gekennzeichnet, aber nicht als rassistisch kontextualisiert. Das gleiche galt für sexistische Inhalte der Vorlesung, wie uns mitgeteilt wurde.
Daraufhin luden Student*innen kritische Texte auf die Online-Lernplattform Moodle hoch.
Der Professor drohte daraufhin zunächst mit der "Plattmachung des Forums", untersagte in der nächsten Vorlesung "zu kritische" Fragen und verlangte, dass nur noch "Verständnisfragen" gestellt werden.
Im Laufe des Semesters entstand eine längere Auseinandersetzung zwischen Professor und kritischen Student_innen. Am Montag, den 10. Februar 2014 fand in der Vorlesung eine lautstarke Intervention statt, die mit einem Polizeieinsatz endete.
"Es ist unglaublich. Das kritische Hinterfragen von Texten und die Auseinandersetzung mit Diskriminierung, gerade in den Erziehungswissenschaften, sollten zentrale Bestandteile unseres Studiums sein. Stattdessen aber wurde verboten, kritische Gedanken zu äußern. Uns wurde unterstellt, ein drohendes Verhalten zu haben. Auch unsere Emailadresse wurde offensichtlich gehackt und nun taucht die Polizei in der Vorlesung auf", sagt eine der Protestierenden, die ungenannt bleiben möchte.
"Die Verortung und die geschichtlichen Umstände, in denen Autor_innen gelebt haben, müssen benannt werden, um eine vielfältige Auseinandersetzung mit ihnen und ihren Erkenntnissen zu ermöglichen. Gerade weil diese Personen in ihren historischen und teilweise problematischen Kontext eingebettet sind, können bestimmte Aussagen dort nicht unreflektiert und unkritisch herausgelöst werden", sagt dazu eine Teilnehmer_in der Vorlesung.
"Es mutet wie eine Realsatire an, dass kritisches Hinterfragen von Texten an der HU polizeilich unterbunden und durch einen Dozenten verboten wird", sagte Elisa Weidenhammer, Referentin für Hochschulpolitik im RefRat.
Eine Beschwerde liegt bereits der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor.
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Bestimmte geschichtliche Ereignisse können zur Tradierung und Normalisierung bestimmter Stereotypen und Denkweisen führen, wenn diese unkritisch innerhalb von Seminaren und Vorlesungen behandelt werden.
Weltweit anerkannte Philosoph_innen wie Hegel, Rousseau oder Kant verbreiteten aus einer eurozentristischen weißen Perspektive rassistische Ansichten - so seien die Bewohner_innen von Afrika nicht reif genug für die Freiheit, daher wäre es notwendig, dass sie von den Europäer_innen „erzogen“ werden (Ayim 1992: 35, vgl. ebd. 1997: 127).
Diese Texte vermitteln [diffizile] Begriffe unreflektiert weiter; ebenfalls werden in unkritischer Form historische Ereignisse widergegeben. Das ist bedeutend für die Vermittlung von Normen, Identitäten und Machtverhältnissen und für die weitere Bildung von Denkweisen (vgl. Hornscheidt 2012).
Eine unreflektierte Auseinandersetzung mit diesen Inhalten kann dazu führen, dass Diskriminierungen und Rassismen als Normalität re_produziert werden! Gleichzeitig macht ein Nichtbeschäftigen mit kritischem Wissen andere Perspektiven unsichtbar.
Im [universitären] Bildungsbereich sollte die Bildungs_politische Ver_pflichtung wahrgenommen werden, rassifizierende Inhalte, Texte, Sprach_handlungen, Normierungen etc. stets zu kritisieren und deren Re_produktion zu verhindern.
Es sollte von allen angehenden Akademiker*innen (insbesondere im pädagogischen Bereich) verlangt werden, sich kritisch und aktiv mit diesen Inhalten auseinanderzusetzen, anstatt sie durch Polizeieinsätze zum Schweigen zu bringen.
Nichts legitimiert Rassismen, nichts legitimiert die Kolonialgeschichte, denn die Kolonialisierung unterstützte die Versklavung, Ausbeutung, Unterdrückung, Misshandlung und Ermordung von Menschen (vgl. Fanon 1981: 32).
Referat für AntiRassismus
Referat für Hochschulpolitik
Referat für queer_feminismus
Referat für Lehre und Studium
Referat für Soziales
Referat für Ökologie und Umweltschutz
Referat für Studierende mit Kind(ern)
im Referent_innenRat (gesetzl. AStA) der HUB
Kontakt:
22.05.2014
Pressemitteilung des Referats für Hochschulpolitik im Referent_innenRat (gesetzl. AStA) der HU Berlin
Kontakt: (030) 2093-46662, [email protected]
Am 18.5. erschien im Tagesspiegel der Artikel "Danke, es reicht!" der HU ProfessorInnen Gabriele Metzler und Martin Heger .
In diesem bemängeln die beiden die Zustände an der Universität. Besonders betonen sie dabei, dass die Auslastung universitärer Kapazitäten vorallem auf zu hohe Studierendenzahlen zurückzuführen ist.
Desweiteren kritisieren sie, dass Lehramtsstudierende unabhängig von ihren Noten einen Master machen dürfen und befürchten, dass die fehlende Aussortierung die Qualität der Schulbildung senken werde.
Studierendenvertreter_innen zeigen sich entsetzt.
"Das ist ein elitäres Verständnis von Bildung, und ein Angriff auf die in den 70er Jahren erkämpfte Öffnung der Hochschulen. Unser Ziel ist es, dass in Zukunft alle Menschen, die studieren möchten, auch studieren können. Nicht zu viele Student*innen sind das Problem, sondern zu wenig Lehrangebot", stellt Laura Redmer, Referentin für politisches Mandat und Datenschutz im RefRat, klar.
Die Frage nach der Verteilung von Geld, und was davon der Lehre zugute kommt, beginnt schon in der Uni selbst. Nicht nur der jährliche Haushalt wird im Akademischen Senat (AS) beschlossen sondern auch kostspielige Prestigeprojekte wie die Fakultätsreform und die Exzellenzinitiative durchgesetzt - aufgrund der professoralen Mehrheit teilweise gegen massiven Widerstand aus den anderen Statusgruppen, also der Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Sonstigen Mitarbeiter*innen und Studierenden.
Und genau in diesem Gremium sitzen unter anderem die beiden AutorInnen, die sich über zu wenig Geld für Professor_innen beklagen, wo stattdessen Solidarität mit dem Mittelbau, prekär beschäftigten Lehrbeauftragten und vor allem jenen Leuten, die für niedrige Löhne die Gebäude reinigen, angebracht wäre.
Auch die Kritik an den Zulassungszahlen, wonach an der HU Studienplätze geschaffen würden, indem aufgeschrieben werde, dass es sie gäbe, ruft Unverständnis hervor.
"Das Gegenteil ist doch der Fall", sagt Joao Fidalgo, Referent für Lehre und Studium im RefRat. "In Berlin schaffen die Unis Studienplätze ab, indem sie aufschreiben, dass es sie nicht gibt. Bei Kapazitätsberechnungen "verrechnen" sie sich nur in eine Richtung: nach unten. Ich jedenfalls freue mich darauf, über den Sommer weiter Leute bei der Einklage zu beraten und zu begleiten."
Liebe Gabriele Metzler, lieber Martin Heger: "Es reicht noch lange nicht!"
Hier der Zeitungsartikel, auf den sich diese Pressemitteilung bezieht:
http://www.tagesspiegel.de/wissen/hochschulpolitik-in-berlin-aufschrei-von-professoren-danke-es-reicht/9909094.html
Am 23. Januar 2013 mobilisierte das Präsidium der "F"U ein massives Polizeiaufgebot um die studentische Öffentlichkeit bereits vor Beginn der Sitzung des prinzipiell öffentlich tagenden Akademischen Senats auszuschließen. In der Senatssitzung sollte die seit Monaten kritisierte Rahmenstudien- und Prüfungsordnung (RSPO) beschlossen werden. Um jeglichen Protest zu unterbinden, wurde der Henry-Ford-Bau vom universitätseigenen Sicherheitsdienst sowie insgesamt drei Einsatzhundertschaften abgeriegelt. Eine Gruppe von Protestierenden wurde im Seitenflügel des Gebäudes festgehalten. Im Verlauf der Proteste kam es zu mindestens zwei Festnahmen, wobei wenigstens eine davon ohne ersichtlichen Grund erfolgte.
Das Referat ist erschüttert über diese Vorgänge an der "F"U und möchte sowohl mit einer
Pressemitteilung für Aufmerksamkeit als auch für die entsprechende
Petition werben. Wir hoffen auf möglichst viele Unterstützer_innen!
12.02.2013
Vor zwei Tagen fand die Debatte um die Aberkennung des Doktor_a-Titels von Frau Schavan ihren Höhepunkt mit ihrem Rücktritt.
Seitdem fühlten sich verschiedenste Personen aus Politik und auch aus den Hochschulen dazu berufen, substanzlose Kritik am Vorgehen des Düsseldorfer Promotionsausschusses zu üben.
Unter Anderem auch Jan-Hendrik Olbertz, seines Zeichens Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin.
Auf Grund der Vielzahl an Äußerungen und den klar erscheinden Worten unseres Präsidentens zu diesen Thema, sieht sich das Referat, innerhalb einer
Pressemitteilung, in der Verantwortung, dieses nicht unkommentiert stehen zu lassen.
Am Mittwoch, den 10.04.2013 sollte der Verteidigungsminister Thomas de Maizière zu der Rolle der Bundeswehr in der deutschen Gesellschaft im Audimax der Humboldt-Universität Berlin referieren. Sein Vortrag wurde unter dem Titel “Armee der Einheit – Der Beitrag der Bundeswehr zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“ angekündigt. Gegen 18 Uhr war der Hörsaal mit ungefähr 300 Personen gefüllt. Als der Präsident der HU Berlin, Jan-Hendrik Olbertz, das Podium für ein Grußwort betrat, begannen viele der Anwesenden lauthals zu klatschen und zu jubeln. Die Jubelstimmung stieg nochmals an, als auch de Maizière das Audimax betrat. Als das Klatschen und Rufen jedoch auch nach 15 Minuten noch nicht weniger wurde, offenbarte sich das Jubeln als Ausdruck des Protests.Dadurch kamen weder der Präsident noch Verteidigungsminister de Maizière zu Wort. Versuche des Ministers und des Präsidenten, über eine Bildschirmpräsentation mit den Protestierenden zu kommunizieren, scheiterten. Das Jubeln wurde nach einiger Zeit durch Parolen wie “Nie wieder Krieg!“ und “kein Dialog mit Kriegstreibern!“ ergänzt. Ca. 6 junge Menschen stürmten mit Kunstblut-befleckten T- shirts auf das Podium und fielen theatralisch zu Boden.
Um ca. 18.30 Uhr verließ der Verteidigungsminister, mit einem schriftlichen “Schade“ das Podium. Kurz danach verließen einige Zuhörer_innen und die meisten Pressevertreter_innen den Saal.
Der sichtlich getroffene Präsident blieb im Anschluss auf der Bühne stehen, da er sich an "seiner" Universität nicht wegschreien lassen wollte und wähnte sich dabei als Verfechter der "Freiheit des Wortes".
Im Vorfeld der Veranstaltung wurden die meisten der Teilnehmenden durch Türsteher_innen
durchsucht, Flyer und Transparente durften nicht mit hineingenommen werden.
Trotzdem gelang es einer Person, drinnen ein Transparent mit der Aufschrift "Krieg dem Krieg, nie wieder Deutschland!", zu entrollen.
"Ich finde es sagenhaft zynisch, dass Olbertz von der Freiheit des Wortes spricht, während
Menschen vor der Tür ihre Kritik in Papierform weggenommen wird. Mehr noch, dass er während der gesamten Zeit in der Machtposition war, mit den Anwesenden über den Beamer zu kommunizieren, während das einzige Transparent versteckt in den Saal gebracht werden musste," sagte Paolo F., einer der Protestierenden, und fügte hinzu: "Meinungsfreiheit bedeutet eben auch, dass öffentlich kundgetane Meinungen sich der Öffentlichkeit stellen müssen."
Olbertz hatte über den Beamer, der ursprünglich für die Präsentation Maizières gedacht war, die Anwesenden zur Ruhe aufgefordert und um Diskussion gebeten.
"Wie hätte eine Diskussion auf Augenhöhe überhauptstatt finden sollen?" fragt sich die
Kriegsgegnerin Jana O., "da stehen Menschen auf einem Podium, denen wird zugehört, nur weil sie einen entsprechenden Titel tragen. Ich kapiere einfach nicht, warum diese Menschen, die jederzeit Raum für Ihre Meinung bekommen, nicht wahrhaben wollen, dass das eine machtdurchzogene Konstellation darstellt. Für mich ist das eben keine Grundlage für eine Diskussion auf Augenhöhe".
Henriette O., Studentin der HU Berlin, ergänzt: "Ich finde es blamabel, dass der Präsident dieser - und eben auch meiner - Uni, deren Verfassung künftig eine Zivilklausel haben soll, überhaupt auf die Idee kommt, den Verteidigungsminister einzuladen. Maizière kommt her, um Werbung für die Bundeswehr zu machen, ohne dass die Studierendenvertretung sich dazu äußern darf, weil das schon allgemeinpolitisch ist. Aber [zögert] warum müssen wir überhaupt über Kriegsverherrlichung diskutieren?"
Referate für Hochschulpolitik und Öffentlichkeitsarbeit
In der entscheidenden Abstimmung votierten die studentischen Vertreter_innen geschlossen gegen die Reform. Als letztes Mittel legten sie ein Gruppenveto ein. „Wir wollten, dass wir noch mehr Zeit für Diskussion haben. Bis jetzt gab es erst drei kurze Termine für eine riesige Reform Das war zu wenig und das haben wir auch immer wieder gesagt.“, meint Weidenhammer weiter.
Daraufhin trat der Präsident, Jan-Hendrik Olbertz zurück, weil die Fakultätsreform seiner Meinung nach gescheitert sei, nicht jedoch ohne noch einmal nachzutreten. Er warf der HU Unregierbarkeit vor. „Was das Wahrnehmen von gesetzlich verbrieften Rechten mit Unregierbarkeit zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Das sind demokratische Teilhaberechte. Hätte der Präsident alle von Anfang an mit einbezogen, statt nur sein Konzept durchdrücken zu wollen, hätte man auch kein Veto einlegen müssen.“, meint Enno Hinz, hochschulpolitischer Referent des Referent_innenRates (AStA) der HU.
Dabei hat der Präsident die Situation selbst so herbeigeführt. Im Hinterzimmer wurde die Reform in kleinen Arbeitsgruppen ausgetüftelt. Viele Mitglieder der Hochschule wurden nicht mit einbezogen. Wer nach Informationen fragte, wurde mit ein paar allgemeinen Aussagen abgespeist. „Wir konnten nicht mal in Protokolle der Arbeitsgruppen schauen, weil angeblich keine geführt wurden.“ führt Hinz dazu aus. Erst kurze Zeit vor der ursprünglich angesetzten Abstimmung wurde die Reform öffentlich. „Es ist doch klar, dass die Mitglieder der HU über die Zukunft ihrer Universität diskutieren wollen. Herr Olbertz hat das fortwährend missachtet.“, meint Sascha Watermann, studentisches AS-Mitglied.
Nachdem Olbertz seinen Rücktritt mit eindeutigen Schuldzuweisungen verkündet hatte, schlug die Stimmung im Saal um. Die Studierendenvertreter_innen wurden angepöbelt und z.B von einzelnen Professor_innen und Mitgliedern der HU lautstark aufgefordert ihr Veto zurückzuziehen. Olbertz wurde ebenso aufgefordert nicht
zurückzutreten. Einige Vertreter_innen der Studierenden sahen diese Situation als sehr problematisch an „Da wird von einigen vollkommen ausgeblendet, in welchem Machtgefüge man als Studierender steht, nämlich ganz unten.“ Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen. Olbertz erklärte, er überlege sich den Rücktritt nochmal, wenn das Veto zurückgezogen wird. Die Studierenden zogen nach langer Diskussion ihr Veto zurück. „Ich habe mich krass von allen Seiten unter Druck gesetzt gefühlt. Ich muss diese Situation erstmal verarbeiten.“, meint Watermann. Das Veto wurde widerstrebend zurückgezogen. „Rückblickend und in Ruhe, weiß ich nicht, ob der Rückzug des Vetos ein Fehler war.“, meint ein studentisches Mitglied des AS, das ungenannt bleiben will. Olbertz trat jedenfalls vom Rücktritt zurück.
Hauptkritikpunkt ist vor allem die ungeklärte Finanzierung der Reform. „Da wird das Blaue vom Himmel versprochen. Jedoch glaube ich, dass das dicke Ende noch kommt.“ Das kommt gewiss, denn die Finanzierung der Reform steht auf wackligen Füßen. „Das kostet die HU jährlich mindestens 1,3 Millionen mehr. Wir haben aber jetzt schon ein Haushaltsloch von mindestens 1 Million, die sich die HU leiht.“ sagt Enno Hinz, Hochschulpolitischer Referent des Referent_innenRates, wie der AStA an der HU heißt. „Wenn es am Ende daneben geht wird wieder an der Lehre gespart.“ führt er weiter aus. Mit diesen Sorgen stehen die Studierenden nicht alleine da. Schon in der letzten Sitzung hatten die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen ein aufschiebendes Gruppenveto eingelegt.
Pressemitteilung des Referats für Hochschulpolitik
Kontakt: [email protected]
Eine Gruppe aus ca. 200 Student_innen versuchte heute eine Sitzung des Kuratoriums der Humboldt Universität zu verhindern. Zwar gelang es den Kuratoriumsmitgliedern nicht in den vorgesehenen Sitzungssaal zu gelangen, ein Teil der Stimmberechtigten Mitglieder schloss sich jedoch im Präsidium ein, um hinter vom Sicherheitsdienst bewachten Türen die Sitzung abzuhalten. Diejenigen Mitglieder, welche sich im Vorfeld kritisch zur Reform geäußert haben, konnten nicht an der Sitzung teilnehmen. Auch ein Vertreter des Gesamtpersonalrats konnte nicht mehr in die Räume des Präsidiums gelangen, in denen die Sitzung stattfand. Während die Studierenden vor den Türen lautstark ihre Mitbestimmungsrechte einforderten, stimmten Teile des Kuratoriums einem Teilbeschluss zur Fakultätsreform zu (laut vorläufiger, bisher nicht offiziell bestätigter Information). Der übrige Teil des Beschlusses wurde auf die nächste reguläre Sitzung des Kuratoriums vertagt. E. H. Referent für Hochschulpolitik im Referent_innenRat der HU (gesetzl. AStA) meint dazu: "Die Student_innen der HU haben heute demonstriert, dass Sie eine Missachtung ihrer Rechte und eine gegen ihre Interessen gerichtete Politik nicht tatenlos hinnehmen. Dass das Präsidium weiterhin versucht die Reform gegen die Mehrheit der Universitätsangehörigen durchzudrücken ist ein Skandal. Wir stellen uns voll und ganz hinter die von den Blockierenden geäußerte Forderung nach einer Urabstimmung, in der alle Universitätsangehörigen darüber abstimmen können, ob diese Reform durchgeführt werden soll - oder nicht. Das Präsidium weiß wie diese Abstimmung ausgehen würde und verweigert der Universität daher das Recht auf breiter Basis eine Entscheidung zu treffen."
09.12.2013
Pressemitteilung des Referats für Hochschulpolitik im Referent_innenRat der HU Berlin
Kontakt: [email protected]
HU Berlin entfernt Portrait von Antirassistin und ehrt stattdessen NSDAP-Mitglied Adolf Butenandt
Am Morgen des 05.12.2013 tauchte im Internet und per Mail an Strukturen der Verfassten Studierendenschaft ein Bekenner_innenschreiben einer Gruppe namens "Wissen im Widerstand" auf, die sich dazu bekannte "einen Nazi im Hauptgebäude der Humboldt Universität Berlin überwältigt und entführt" zu haben. [1]
Gemeint ist Adolf Butenandt, dessen Portrait im Hauptgebäude aus der Reihe der Nobelpreisträger_innen entwendet wurde. Stattdessen tauchte an der Stelle ein Portrait der Refugee-Aktivistin Napuli Paul Langa auf.
Die Gruppe wolle damit darauf aufmerksam machen, "dass im Hauptgebäude der HU nationalsozialistische Nobelpreisträger in einer patriarchalen Ahnengalerie von "Wissenschaftsvätern" geehrt werden," heißt es in dem Schreiben.
Adolf Butenandt war Mitglied der NSDAP, forschte zum Beispiel an der Luftwaffenversuchsstation in Rechlin und arbeitete eng mit NS-Forschern wie Günther Hillmann und Otmar Freiherr von Verschuer zusammen, deren Arbeit auch Experimente an KZ-Gefangenen in Auschwitz involvierte.
"Dass in der HU zahlreiche Nazis und Kolonialrassisten mit Portraits geehrt werden und die kolonialen Forschungsreisen von Alexander von Humboldt als Inbegriff von Wissenschaft und Neugier verherrlicht werden, zeigt die tiefe Verwurzelung von Kolonialrassismus in der weißen_deutschen Wissenschaft" heißt es im Bekenner_innenschreiben, und weiter: "Um die Kontinuität der rassistischen Ehrungen zu durchbrechen, haben wir diesen freigewordenen symbolischen Raum einer Person gewidmet, die Widerstand gegen bestehende Machtverhältnisse leistet."
Für die "Freilassung" Butenandts fordern sie unter anderem, dass die HU ihre Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beendet, welche zahlreiche zu Kolonialzeiten geraubte Gegenstände besitzt und teilweise ausstellt. Die HU plant gemeinsam mit der Stiftung die Ausstellung "Humboldtforum" in der Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses.
Außerdem fordert die Gruppe "unbefristete Bereitstellung von Ressourcen zur umfassenden Aufarbeitung der Kolonial- und NS-Vergangenheit der HU", "Keine Ehrung von NS- und Kolonialverbrecher_innen", "Umsetzen eines umfangreichen Konzeptes gegen Rassismus", sofortigen Ausstieg aus UniAssist, die "Umbenennung der Universität" sowie die Abschaffung von Zugangsbeschränkungen, Präsidium, Studienverlaufsplänen und Bewertungen. Auch solle die Uni "ihren Einfluss geltend machen und auf den Berliner Senat, allen voran Henkel, einwirken, um die Räumung der von Refugees besetzten Schule und des Protestcamps am Oranienplatz zu verhindern".
Für einige der Forderungen setzen sich auch Studierendenvertreter_innen schon lange ein, ein Beispiel ist der Ausstieg der HU aus dem Verein UniAssist.
"UniAssist ist ein Verein, bei dem sich Menschen mit nicht-deutscher Hochschulzugangsberechtigung kostenpflichtig bewerben müssen. Das ist rassistisch, außerdem ist der Preis für Bewerbungen je nach Staatsbürgerschaft unterschiedlich: Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft zahlen an der HU nichts, egal, wo sie ihren Abschluss gemacht haben, Menschen mit EU-Staatsbürgerschaft 43 Euro und alle anderen 68 - für eine einzige Bewerbung! Und aufgrund der hohen Zugangshürden müssen sich Bewerber_innen im Normalfall an zahlreichen Unis bewerben. Hinzu kommt, dass der Verein unzuverlässig arbeitet und kaum ansprechbar ist. Die HU muss austreten und Stellen schaffen, um sich fortan selbst diesen Bewerbungen zu widmen," sagte dazu João Fidalgo, studentischer Vertreter im Akademischen Senat.
Noch im Laufe des Freitags wurde das Portrait von Napuli Paul Langa seitens der HU entfernt und stattdessen ein Schild an die Wand geklebt: "Das Portrait von Adolf Butenandt ist durch Unbekannte gewaltsam entfernt worden und wird in Kürze hier wieder zu sehen sein."
Elisa Weidenhammer, Referentin für Hochschulpolitik im Referent_innenRat der HU: "Dass das Portrait von Butenandt überhaupt an der Wand hing, ist schon schlimm genug - dass die HU es nun offenbar erneut aufhängen möchte, zeigt, dass rassistische Zustände an der HU Normalzustand und Kritik daran dem Präsidium anscheinend vollkommen egal sind. Anders kann ich mir nicht erklären, wie die Uni es fertig bringen kann, das Portrait einer Antirassistin abzuhängen und durch das eines Nazis zu ersetzen. Aufarbeitung der eigenen Geschichte sieht anders aus."
"Dass der Sprecher der HU die Aktion im Tagesspiegel auf Diebstahl reduziert, ohne auf die Kritik der Entführer_innen einzugehen, ist bemerkenswert ignorant" fügt Enno Hinz hinzu, ebenfalls Referent für Hochschulpolitik, "gerade auch weil in dem Bekenner_innenschreiben thematisiert wird, wie Butenandt zahlreiche Täter vor der Entnazifizierung schützte, indem er argumentierte, dass Wissenschaft per se unpolitisch sei. Ob er nun ein erfolgreicher Chemiker war oder nicht; das Portrait eines Nazis hat in der Uni nichts zu suchen. Die Universitätsleitung täte gut daran, die Fotografie von Napuli Paul Langa umgehend wieder aufzuhängen und alle anderen Nazi-Portraits zu entfernen. Der HU-Präsident Olbertz hat jetzt Gelegenheit, eine antifaschistische Haltung unter Beweis zu stellen. "
Das Referat für Hochschulpolitk fordert das Präsidium der HU auf, zu seinem Verhalten und den Forderungen des Bekenner_innenschreibens Stellung zu nehmen.
[1] https://linksunten.indymedia.org/node/100883